Wieder ein Vorschlag zur Zusammenlegung der verschiedenen Schulformen

Im Artikel Jetzt wird’s aber mal Zeit in der Süddeutschen Zeitung schlägt Klaus Hurrelmann einmal mehr vor, die Schultypen zusammenzulegen.
„Aus den Pisa-Studien lässt sich zwar nicht ablesen, ob ein gegliedertes oder ein integriertes Schulsystem für die Leistungen besser ist. Bei der sozialen Gerechtigkeit sieht das aber anders aus. In Deutschland ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Leistung ungewöhnlich stark. Die Aufgliederung in viele Schulformen lässt vor allem an Hauptschulen problematische Lernmilieus entstehen.
Die Schülerschaft regt sich nicht mehr gegenseitig an, sondern zieht sich in der Motivation kollektiv hinunter; so kommt es zur strukturellen Benachteiligung großer Gruppen von Jugendlichen. Nicht nur Pisa hat dies gezeigt, sondern auch die jüngste Shell-Jugendstudie.“

Das ist bisher ja wirklich nichts Neues, aber interessant sind die Forderungen, die sich für ihn daraus ergeben:
„Hauptschulen, Realschulen und Gesamtschulen, so der Vorschlag, werden zu einer einheitlichen Schulform zusammengefasst, erhalten in allen Bundesländern einen identischen Namen (zum Beispiel Fachgymnasium oder Sekundarschule) und entwickeln ein eigenes, auf Interdisziplinarität und Projektarbeit, Lebenswelt- und Praxisbezug ausgerichtetes pädagogisches Konzept.“
Im Gegensatz zum Hamburger Konzept der Zweigleisigkeit, das ich in diesem Blog unter Hamburgs Zweiklassen-Schullandschaft bereits kommentiert habe, weist er aber gleich darauf hin, dass eine solche Reform mehr als nur die Zusammenlegung der Schulen/Klassen bedeutet: „Eine Addition bisher getrennter Schulformen schafft nicht den ersehnten Neuanfang, reduziert noch nicht die Negativauslese der Schülerschaft. Sie führt in der Wahrnehmung von Eltern und Schülern auch nicht dazu, die neue Sekundarschule als gleichwertig oder sogar überlegen gegenüber dem Gymnasium einzuschätzen. Die neue Schulform braucht ein hervorragendes Lehrerkollegium mit einem stimmigen Schulkonzept.“

Aber genau da sehe ich die Probleme:
Woher nehme ich das hervorragende Lehrerkollegium in Zeiten der Lehrerknappheit?
Immerhin muss ich wohl auch wenigstens alle Stellen besetzen, noch besser wäre eine höhere Ausstattung mit Lehrern als bisher, um kleinere Klassen zu bilden. Für die individuelle Förderung braucht es mehr Personal pro Schule.
Wer erstellt ein stimmiges Schulkonzept?
Die Minsterien haben das bisher offensichtlich nicht geschafft, wenn man jetzt keines hat. Eltern wollen nur das Beste für ihre Kinder – dazu gehört aber für manche, dass man manche Kinder doch aussondern sollte… Lehrer und Lehrerverbände orientieren sich vor allem an „ihren“ bisherigen Schularten und Bildungsforscher haben -meiner Meinung nach- zu idealistische Vorstellungen von Schule und Schülern. Man braucht also eine gemischte Gruppe und die brauchen bestimmt Zeit, um sich zu einigen und hoffentlich dabei faule Kompromisse zu vermeiden.
Wer bezahlt das alles?
Eine Schule, die besser fördern soll und nur hervoragendes Personal haben soll, wird teurer als eine bisherige Schule. In einer Klasse mit 34 Schülern kann kein Lehrer individuell fördern. Die Bildung kleinerer Lerngruppen ist damit unumgänglich. Zudem muss es die Möglichkeit geben einzelne Kinder oder noch kleinere Fördergruppen mit Zusatzförderung zu betreuen. Hervorragendes Personal muss ich auch entsprechend bezahlen. Nicht dass die Bezahlung jetzt durchgängig schlecht wäre, aber an der Einheitsschule müsste ich dann nach Leistung bezahlen und nicht mehr den Hauptschullehrer einfach geringer als den Gymnasiallehrer…

Und damit fordere ich: Erarbeitet erst einmal das stimmige Konzept in groben Zügen, überlegt wo ihr die vielen guten Lehrer herbekommt und wie man das finanziert, ehe man hier wieder alles zerredet. Es wird nur mit einem radikalen Umbruch gehen, hier etwas zu verbessern, aber mit einem weiteren Schnellschuss wie dem G8 oder mit einem weiteren Gesamtschulsystem nach bisherigem Muster ist den Kindern nicht geholfen. Denn das hat PISA auch gezeigt. In Deutschland sind die Schüler in den Ländern mit gegeliedertem Schulsystem eher besser als die mit Gesamtschulen.