Gestern war ich am Klassentreffen. Nach zwei Klassentreffen mit meinen MitschülerInnen vom Gymnasium, war es diesmal das erste Klassentreffen der Grundschulklasse. Einige Leute, die nachher auf andere Schule gegangen sind als ich und mir zwischenzeitlich nicht zufällig begegnet sind, hatte ich teilweise wirklich über 30 Jahre nicht gesehen. Trotzdem konnte man die meisten auf Anhieb wieder erkennen. Sogar unsere ehemaligen Lehrerinnen aus der 3. und 4. Klasse sowie der ehemalige Schulleiter haben uns die Ehre erwiesen, unserer Einladung zu folgen.
Wirklich erstaunlich, an was man sich wieder erinnern kann, wenn man die Leute wieder trifft oder irgendjemand was von damals erzählt, das er/sie sich besonders gemerkt hatte. Noch erstaunlicher ist, wie verschieden die Ereignisse sind, die man sich gemerkt hat. Toll als Erinnerungshilfe waren auch die mitgebrachten Fotoalben und Poesiealben von damals. Besonders gefragt war das Album mit den Abschiedsbriefen, das die ehemalige Referendarin dabei hatte, die nach der Prüfung in unserer Klasse die Schule gewechselt hat.
Für den Wundertüten-Abend, den ich mangels detaillierter Erinnerung im Vorfeld -weder an die meisten ehemaligen Mitschüler noch an die Ereignisse – bis zur Ankunft im Lokal überhaupt nicht einschätzen konnte, war es wirklich witzig. Die Biographien der Leute sind den Umständen entsprechend noch verschiedener als bei den Mit-Abiturienten und boten reichlich Gesprächsstoff. Es wurde ein extrem kurzweiliger Abend, bei dem der Wirt wegen uns noch etwas länger aufbleiben musste.
Wieder einmal hat es mich erstaunt, dass die ehemaligen Lehrerinnen alle Anwesenden sofort mit Namen ansprechen konnten und zu jedem von uns irgendeine Sache von damals berichten konnten. Außerdem hatte ich völlig verdrängt, dass wir immer über 34 Kinder in der Klasse waren – mit einigen Zu- und Abgängen in den vier Jahren sogar zeitweilig bis zu 38.

Gerade haben wir mal wieder die jährliche Vergeleichstestrunde hinter uns, da werden die Ergebnisse des IQB Ländervergleich in Mathematik und den Naturwissenschaften 2012 für Neuntklässler veröffentlicht.

Darüber lese ich dann in allen möglichen Medien wie hier in der Süddeutschen Zeitung sowas:

Jutta Allmendinger, die sich in ihrer Forschung speziell mit Bildungsfragen und Frauen im Arbeitsleben beschäftigt, zieht weitere Schlussfolgerungen aus der IQB-Studie. Grundsätzlich sieht sie von den Ergebnissen die Überlegenheit eines zweigliedrigen Schulsystems über das dreigliedrige belegt.

(Artikel in der SZ)

Also habe ich das Interview im Deutschlandradio nachgelesen:

Allmendinger: Wenn Sie sich mal die Daten anschauen, und am WZB hat das insbesondere Marcel Helbig gemacht, dann kann man sehen, dass in Rheinland-Pfalz umgestellt worden ist von einem Dreigliedrigen auf ein Zweigliedriges, schon im Jahr 2009, 2010. Schleswig-Holstein hat es 2010 gemacht, Hamburg hat es 2009, 2010 gemacht, Niedersachsen hat es gemacht. Das sind aber genau die Bundesländer, wo wir zwischen der ersten und jetzt dieser Erhebung hohe Kompetenzzuwächse sehen. Das ist doch noch mal ein Beleg dafür, dass dieses System Trennung den Kindern nicht guttut und dass sie sehr viel voneinander lernen können und dieses Voneinander-Lernen insbesondere Kindern hilft, die aus sozial benachteiligten Elternhäusern kommen.

Also wenn ich mich nicht verrechnet habe, dann haben wir jetzt bei einem Test 2012 (Schuljahr 2011/2012) wegen der Umstellung des Schulsystems auf ein zweigliedriges System starke Verbesserungen bei Schülern, die vor dem Schuljahr 2009/2010 – vermutlich in einem dreigliedrigen System – in der fünften Klasse waren.

Nachdem ich ja seit meinem Referendariat als Beamter auf Zeit immer nur als Angestellter an den Schulen gearbeitet habe, kann ich das ja jetzt sagen, ohne dass mir jemand unterstellen könnte, dass ich damit nur meine Pfünde sichere:
Das wichtigste Argument für die Verbeamtung der Lehrer aus Sicht der Schule sind die besonderen Treuepflichten zu denen auch der Verzicht auf die Streikmöglichkeit zählt. Aus Sicht der Lehrer ist vermutlich die bessere Brutto-Netto-Relation (mehr Netto vom Brutto auch ohne Guido W.) und die im Moment bessere Altersversorgung der Hauptantrieb. Sowas wie Kündigungsschutz halte ich im für weniger wichtig, weil betriebsbedingte Kündigungen sowieso kaum ein Thema sein dürften und die Hürden für andere Gründe auch bei Angestellten ziemlich hoch sind.

Jedenfalls passiert in Dänemark scheinbar derzeit genau das, was auch Deutschland drohen kann, wenn immer mehr Lehrer Angestellte sind und dann auch wieder mehr in die Gewerkschaft eintreten. Zuerst gab es Streiks von Seiten der Lehrer und jetzt Aussperrung als Druckmittel des Arbeitgebers. Der Streitpunkt sind neue Tarifverträge für die Lehrer an den öffentlichen Schulen. Leider berichten alle deutschen Zeitungen (Süddeutsche, Zeit, Spiegel) im Moment nur über die Aussperrung, aber nicht genau über die Änderungen im Tarifvertrag. Somit kann ich nicht nachvollziehen, ob die harten Auseinandersetzungen aus meiner Sicht angemessen wären. Dafür können die Leute, die Kommentare zu den entsprechenden Artikeln schreiben, in manchen Fällen ganz sicher und allgemeingültig beurteilen, dass Lehrer sowieso immer viel zu viel Geld für einen bequemen Halbtagsjob bekommen oder sowieso die ärmsten unter den verkannten Genies sind.

Auch dieses Jahr war an Weihnachten wieder die Kirche überfüllt. Ich war mit meinen Kindern da und habe dort einige Leute getroffen, die wir auch sonst öfter in der Kirche sehen, aber zusätzlich wirklich viele Leute, die sonst nicht da sind.
Seitdem bin ich immer am Überlegen, was ich eigentlich davon halte, dass es anscheinenend so viele Teilzeit-Katholiken (Taufschein-Katholiken, Steuer-Katholiken…) bei mir in der Gemeinde gibt. Stört mich mehr, dass so viele ihren offiziellen Glauben nur an wenigen Tagen im Jahr öffentlich leben oder bin ich froh, dass sie sich zumindest nicht ganz von der Kirche abgewendet haben.
Einerseits ist es doch sehr komisch, wenn man an Weihnachten, Ostern und zur Erstkommunion kaum Platz in der Kirche findet, unser Pfarrer aber an den normalen Sonntagen in sehr begrenzter Zeit per Handschlag jeden Besucher begrüßen könnte. Aber immerhin besteht so die Chance, dass sich die Gelegenheitsbesucher wieder häufiger in der Messe blicken lassen oder den Wert ihres Glaubens wiederentdecken. Besonders viele können es aber nach dem ersten Eindruck dieses mal seit Weihnachten nicht gewesen sein.
Zudem tragen auch die überwiegend inaktiven Mitglieder der Pfarrgemeinde mit ihren Spenden und Steuern zumindest dazu bei, dass die Aufgaben in der Pfarrgemeinde noch finanzierbar sind oder dass katholische Bräuche noch die Mehrheit betreffen und weiterhin bestehen dürfen.
Andererseits stört es mich dann doch, wenn bei meinem Kirchenbesuch dieser davon getrübt wird, dass es Leute gibt, die soweit von ihrer Kirche entfremdet sind, dass sie sich währende der Messe über mehrere Bankreihen hinweg unterhalten. Immerhin habe ich keinen beim Telefonieren, Rauchen oder beim Essen beobachten müssen. Zum Glück waren diese Leute weit genug von mir entfernt, dass ich nichts zu ihnen sagen konnte. So blieb mir das Risiko von Antworten erspart, über die ich mich dann richtig ärgern könnte.

Immer wieder die Diskussion, warum man das jetzt lernen muss und ob man das wirklich später im Leben noch einmal braucht.
Im Artikel „Wenn die Chemie nicht stimmt“ in der Süddeutschen Zeitung sieht man, warum man auch als künftiger Designer in der Schule bei den Naturwissenschaften aufpassen sollte. Dann wüsste man, dass es bei einer chemischen Formel auch wichtig ist, wie die Buchstaben und Striche angeordnet sind. So aber hält man es für künstlerische Freiheit diese optisch ansprechend anzuordnen und wirbt mit gesundheitlich bedenklichem Formaldehyd statt mit Wasser für eine Stadt. Da will doch jeder mit Chemiekenntnissen gerne hin…

Bei Spiegel-online hab ich gerade einen Artikel gefunden, der zwei typische Lehrerprobleme zeigt:
Eine Lehrerin in Florida hat wohl einem Schüler, der währende der Stunde auf die Toilette wollte den Rat „halt’s an oder nimm meine Brotdose“ gegeben und er hat dann die Brotdose gewählt…
Erstes typisches Lehrerproblem: Es gibt immer wieder Schüler, die während des Unterrichts ganz ganz dringend austreten müssen…
Zweites typisches Lehrerproblem: Man darf auch im Scherz keine Anweisungen geben, die beim Erfüllen gefährlich oder peinlich sein könnte. Wenn Schüler auch sonst oft Anweisungen missachten. Hier übersehen/ignorieren manche dann den Scherz und führen die Anweisung sofort aus.

Bei Spiegel-Online hab ich mich gerade über den Artikel VERTRETUNGSLEHRER DR. SOMMER amüsiert.
Laut diesem Bericht hat der erste Dr. Sommer (von der gleichnamigen Rubrik in der Zeitschrift Bravo), der im bürgerlichen Leben Martin Goldstein heißt und heute 79 Jahre alt ist, in einer Zehnten Klasse eine Stunde zur Sexualerziehung gehalten. Dabei hat er dasselbe erlebt, das wohl jeder Lehrer kennt, der auch das zweifelhafte Vergnügen solcher Stunden hat: Alle wissen angeblich schon alles, aber in der Stunde bringen nur wenige den Mund auf.

Da ist der Traum eines ehemaligen Lehrers von mir in Hessen doch glatt in Erfüllung gegangen. Er wollte immer das Chaos miterleben, dass am Abitag die Abiturangabe für das Zentralabitur bereits in der Zeitung abgedruckt ist….
Jetzt scheint in Hessen mit den neuen zentalen Abschlussprüfungen für die Realschulen fast genau das passiert zu sein: Laut Berichten wie hier bei Spiegel.de waren die wirklichen Aufgaben den vorab veröffentlichten Testaufgaben so ähnlich, dass die Schüler zunächst an einen Scherz glauben mussten.
Beim Spiegel heißt es dazu: „Große Ähnlichkeit mit dem tatsächlichen Test hatte nicht nur die erste Multiple-choice-Aufgabe, bei der die Schüler Fragen zu einer Lautsprecherdurchsage beantworten sollten. Auch der Übersetzungstest und ein Lückentext zur Grammatik waren nur minimal verändert worden.“
Das Hessische Kultusministerium meint dazu: (Quelle ebenfalls Spiegel.de)
„Bei den diesjährigen zentralen Abschlussprüfungen für die hessischen Realschülerinnern und -schüler ist es im Fach Englisch zu einer geringfügigen Überschneidung zwischen den vorab veröffentlichten Übungsaufgaben und den Prüfungsaufgaben gekommen. Wir werden sicherstellen, dass sich dieser Vorgang nicht wiederholen wird.“

Da stellt sich mir persönlich allerdings schon die Frage, ob man wirklich so schlecht organisiert ist, dass sowas passiert (peinlich!) oder ob man vielleicht Angst hatte, dass sonst die Ergebnisse bei der neuen zentralen Abschlussprüfung zu schlecht wären (richtig peinlich!). Eigentlich wollte man ja Vergleichbarkeit und Qualitätssicherung damit erreichen…
Ich kenne diese Problematik sonst nur von Kollegen, die zu faul sind, neue Aufgaben zu entwerfen und immer wieder alte Prüfungen nehmen. Das nutzen manche Schüler dann, um sich mit den alten Prüfungen vorzubereiten. Eine ähnliche Taktik kenne ich auch von Leuten, die schlechten Unterricht machen und z.B.: die Matheschulaufgabe schon mal mit anderen Zahlen im Unterricht durcharbeiten, damit der Schnitt gut wird und sich keiner beschwert.

Auf der Seite TeachersNews.net kann man gerade die Glosse Frischer Wind von Gabriele Frydrych lesen. Viele kennen vielleicht auch ihre Glossen aus Süddeutschen Zeitung, die dort immer mal wieder auf der Bildungsseite aufgetaucht sind. Ich persönlich habe ihre Glossen in den Büchern „Du hast es gut“ und „Dafür hast du also Zeit“ sehr genossen. Als Lehrer weiß man allerdings, dass die Realität oft noch härter ist als in der besten Glosse.
Letztes Jahr war ein Prüfungstext in der Realschul-Abschlussprüfung von ihr. Mit meinem Bericht im Blog Kellernews habe ich dabei ihr Interesse geweckt.

Gemäß dem Artikel Bibel brutal – macht Altes Testament aggressiv? von Philpp Wurm, der heute in der SZ zu lesen ist, hat nun eine Studie von Psychologen gezeigt: „Ausgerechnet die Lektüre von Bibeltexten, so die Forscher, könne „eine signifikante Erhöhung der Aggression bewirken““

Und damit bin ich jetzt gespannt, wann die erste Debatte kommt, ob das Buch der Bücher auf den Index muss. Nach den Rufen zu einem Verbot von Killerspielen wäre das ja nur konsequent…

Ich persönlich denke ja immer noch, dass auch ein Verbot von Killerspielen sinnlos ist. Eine Altersbeschränkung als Orientierung für die Erziehungsberechtigten reicht für mich aus. Denn solange es möglich ist, auch verbotene Dinge einfach aufzutreiben und das Verbot damit nicht durchgesetzt werden kann, bringts ja auch nichts. Ich kenne auch genügend Leute, die „Killerspiele“ spielen, aber im realen Leben sozial sehr kompetente und friedfertige Menschen. Wir brauchen Erziehung und Orientierung für die Jugend – keine Verbote, die nur einen Weg verbieten, aber keine Alternativen aufzeigen.