Reicht es nicht dass Schweden im Eishockey das Endspiel der Olympischen Spiele in Sotschi deutlich gegen Kanada verloren hat. Nein, jetzt muss ich auch noch in der Zeitung lesen, dass das Bildungssystem bei der jüngsten PISA-Runde deutlich zurückgefallen ist. (Süddeutsche Zeitung: Schluss mit lustig in der Schule).
In diesem Artikel werden auch zwei Lehrer zitiert, die eine starke Beschäftigung außerhalb der Schule mit Computer und Smartphone sowie die Spaßkultur (Lernen muss Spaß machen sonst macht es keiner) als Motivationsproblem für die Schüler benennen. Die Gewerkschaft stellt fest, dass man für das Geld wohl nicht die besten Leute als Lehrer gewinnen kann und wieder andere sehen den Wettbewerb zwischen privaten und staatlichen Schulen oder die Kürzungen im Bildungsetat als Ursache.
Im großen und ganzen also ähnlich wie bei uns. Jeder sieht die Sache aus seiner Sicht, aber diese Maßnahme ist für einen Lehrer in Deutschland überraschend: Man hat die OECD um Hilfe gebeten, um eine Außenansicht für die Problemanalyse zu bekommen. Es soll das ganze System und die Reformen der letzten Jahrzehnte evaluiert werden. Ich bin mir auch sicher, dass man dann überlegt handeln will. Auch das ist für uns leider ungewohnt. Dass man dafür allerdings ausgerechnet die OECD als Partner gewonnen hat, die Bildung eher als Resource für die Marktwirtschaft betrachtet, finde ich eher ungeschickt.
Für mich immer noch genial der Satz aus dem Schulvergleich Schweden – Deutschland aus Sicht eines Vaters (über die Förderung der Schüler in der Schule in Schweden und bei uns mit Nachhilfe auf Kosten der Eltern):

Zugespitzt könnte man sagen: Schwedische Schulen erreichen ihre mittelmäßigen Pisa-Ergebnisse wenigstens aus eigener Kraft. Deutsche Schulen sind dagegen auf Unterstützung durch mühevolle Heimarbeit und auf die Geldbeutel der Eltern angewiesen.

(Süddeutsche: Entspannteres Verhältnis zur Schule)

Ein Interview mit Finnlands Bildungsministerin Henna Virkkunen findet man in der Süddeutschen Zeitung vom 27. Dezember.
Interessant fand ich erst mal diese Betrachtung. Bei uns wird ja immer so getan als ob alles immer und jederzeit Spaß machen muss, obwohl Lernen teilweise monotone Arbeit ist.

SZ: Wie aussagekräftig ist Pisa?

Virkkunen: Es werden nur einige Bereiche gemessen, aber dies sind die entscheidenden. Lesen, Naturwissenschaften, Mathe – das sind die Grundvoraussetzungen, die wir abdecken müssen. Doch gibt es natürlich viele Sachen, die Pisa nicht untersucht. Wie Glück und Zufriedenheit der Schüler zum Beispiel.

Das wahre Geheimnis des Erfolgs ist aber vermutlich genau das hier:

SZ: Wie unterscheidet sich Finnlands Schulpolitik von anderen Ländern?

Virkkunen: Wir haben einen breiten Konsens zwischen den Parteien, wenn es um die Bildung geht. Kleinere Unterschiede gibt es natürlich, aber im Wesentlichen sind wir uns einig. In anderen Ländern kann man manchmal beobachten, dass bei jedem Regierungswechsel versucht wird, das System umzukrempeln. Bei uns ist das nicht so. Darum bleibt den Lehrern ausreichend Zeit für ihre eigentliche Arbeit, weil sie sich nicht ständig mit Reformen befassen müssen.

Ich habe in den letzten 10 Jahren jedes Jahr kleinere und größere Änderungen in den Lehrplänen oder der Schulordnung mitgemacht. Nachdem wir leider auch im Gegensatz zu den Finnen keine Assistenten zur Förderung von schwächeren Schülern und zudem große Klassen und viel Verwaltungskram zu erledigen haben, bleibt uns manchmal wirklich nicht die Zeit, die wir gerne für unsere eigentliche Arbeit hätten.