Ich bin ja nicht nur als Lehrer, sondern auch als Vater mit dem Thema Schule konfrontiert. Unser Viertklässer hat nur einen Zwischenbericht mitbekommen (schon vor einigen Wochen) und bekommt dann sein Übertrittszeugnis. Heute gabs nix. Finde ich (als Vater) persönlich ganz in Ordnung und er als Schüler wohl auch. Wenn ich daran denke, was man beim Erstellen (als Lehrer) für ein Theater um ein Zwischenzeugnis macht, das eigentlich auch nur ein Zwischenbericht auf besonderem Papier ist…
Für die erste Klasse habe ich zum ersten Mal (als Vater) ein Entwicklungsgespräch miterlebt. Das finde ich dort wirklich super. Alleine die Tatsache, dass die Kinder zuerst selbst einen Bogen mit ihrer Einschätzung ausfüllen und dann im Entwicklungsgespräch ihren Bogen im Vergleich mit dem Bogen der Lehrkraft mit dieser besprechen (und die Eltern dürfen nur zuhören), bringt doch sicher einen ganz anderen Zugang zur Einschätzung der eigenen Leistung. Für den Anfang wohl die beste Lösung die es gibt. Was sollen die Kinder auch mit Noten oder den Wortgutachten mit den festgelegten Formulierungen anfangen, die es sonst im Zeugnis gibt. Aber man sollte die Kinder im Verlauf der Grundschulzeit an die Kurzrückmeldung in Form von Noten gewöhnen.
Warum sich Leistung in den höheren Klassen nur anhand einer Zahl und nicht auch im Zwiegespräch zwischen Lehrer und Schüler plus individuellem Gutachten bestimmen lässt, sagt Meidinger nicht. (aus dem Artikel „Wer braucht schon Noten“ in der Süddeutschen Zeitung)
Ich denke, dass er das nicht sagen muss, weil es für jeden klar denkenden Elternteil (und erst recht für Lehrer) klar ist, warum das Ministerium das als „kaum realisierbar“ bezeichnet wie das KM im Artikel weiter unten zitiert wird.
Als Lehrer am Gymnasium unterrichte ich in Biologie/Chemie ein zweistündiges (nur in der Oberstufe dreistündiges) Fach, also neun bis elf Klassen, macht also 200+X Kinder, also 100+X Stunden nur für die Durchführung der Gespräche bei 30 Min Zeitbedarf pro Gespräch – Die Bögen muss ich ja auch noch erstellen und die Kinder in meinem Unterricht erstellen lassen.
Als Vater besuche ich dann für jedes Fach ein Gespräch mit dem Kind also je nach Jahrgnag und damit Zahl der verschiedenen Fächer so 8 – 15 Gespräche. Dummerweise muss ich dafür also mehrmals an Arbeitstagen in die Schule und Urlaub nehmen – ach nee, geht ja nicht, weil die Lehrer ja da andere Kinder unterrichten. Ich muss also an mehreren Wochenenden oder Ferientagen in die Schule.
Aber alles das scheint man als Schreiberling ohne Kinder (und ohne eine Schule erlebt zu haben?) nicht selbst rausfinden zu können oder hoffte man nur, die billige Polemik durchschaut keiner und man könnte mal wieder einen Lehrer abwatschen – kommt ja immer gut an.