Naturwissenschaftliche Fächer abschreckend?

Unter dem Titel „Schluss mit der Langeweile“ gibts im Tagesspiegel einen Artikel darüber, dass in ganz Europa die Studienanfängerzahlen in den naturwissenschaftlichen Fächern sinken.
Als einen wichtigen Grund dafür sieht Dieter Lenzen (Erziehungswissenschaftler und Präsident der FU) eine „mentale Barriere der Kinder den Naturwissenschaften gegenüber“, die man durchbrechen müsse.
Eine EU-Expertenkommission mit seiner Beteiligung gibt dazu an: „Denn dem traditionellen Unterricht gelingt es kaum, naturwissenschaftliches Interesse zu wecken. Mehr noch: Er lässt die ’natürliche Neugier‘ der Kinder sogar erschlaffen, kann also geradezu einen ’negativen Einfluss auf die Einstellung gegenüber den Naturwissenschaften ausüben‘. Als Grund hierfür wird die häufig verwendete deduktive Vorgehensweise angeführt: Vorstellen eines Konzepts und Anwendung auf die Praxis. Intessanter finden die Kinder normalerweise den induktiven Ansatz: Problem aus der Praxis und selbst ein Konzept (durch Versuche) erarbeiten.
Vorgeschlagen wird das SINUS-Transfer Programm zu verwenden (Nachfolger des SINUS-Programms). Aus meiner Erfahrung mit dem SINUS-Programm kann ich dazu nur sagen, dass es sich lohnt, an einigen Stellen die Zeit zu investieren, die man benötigt, um hier Naturwissenschaft auf andere Weise zu vermitteln. Um Unterricht durchgängig so zu gestalten, fehlen aber Zeit, räumliche und personelle Voraussetzungen. Mit der induktiven Methode ist man langsamer, also schafft man nicht die ganzen Inhalte des Lehrplanes (wobei zwischen „habe ich unterichtet“ und „haben die Schüler gelernt“ ja bekanntlich ein großer Unterschied bestehen kann). Die Vorbereitung und Nachbearbeitung benötigt mehr Zeit, weil man verschiedene Materialien vorbereiten muss (z.B.: mehrere Versuchsanordnungen). Manche Räume sind ungeeignet, um mit einer Klasse zu experimentieren. Es ist nicht möglich alleine, eine Klasse mit mehr als 30 Schülern so zu beaufsichtigen, dass alle gefahrlos experimentieren können (man also bei Gefahr jederzeit eingreifen kann). Leider musste ich auch feststellen, dass Schüler höherer Klassen schon so weit durch die Schule verdorben sind, dass sie sich nicht mehr anstrengen wollen. Es ist dann bequemer der Deduktion zu folgen als selbst durch Überlegung mit Induktion zu einem Ergebnis zu finden. Wenn man also will, dass hier etwas anders wird, muss man nicht nur die Lehrer schulen, sondern auch die Rahmenbedingungen verbessern. Bis dahin bleibt es der Initiative der einzelnen Lehrer überlassen, ob sie ihren Unterricht anders gestalten. Sie haben damit immerhin mehr Arbeit, mehr Risiko falls etwas schief läuft und bekommen auch nicht mehr Anerkennung – sowas wie „ich danke allen Kollegen, die….“ in einer Konferenz zählt hier nicht.